Von Sardinien bis Korsika

Es war früher Morgen auf Sardinien, als unser Flugzeug am Flughafen von Olbia aufsetzte. Nach einer dreiviertel Stunde Fahrt erreichten wir die Marina Portiscio und damit unsere Charterbasis.

 

Die Übergabe des Schiffes verlief überraschend schnell und absolut professionell, sodass wir am gleichen Tag noch in das Maddalena Archipel aufbrechen konnten. Die Fahrt mit Motor kam kurz vor der Inselgruppe ins Stocken, da die Antriebsmaschine überhitzte. Nach einiger Zeit der Suche fanden wir die Ursache: eine Plastikfolie hatte sich vor die Wasseransaugung der Motorkühlung gelegt und so konnte diese Motorpumpe kein Meereskühlwasser mehr fördern. Die Entfernung des Plastikabfalles war keine schwierige Sache. Trotzdem war die Zeit bereits fortgeschritten, sodass wir die Inselhauptstadt La Maddalena als Übernachtungsziel auswählten. Ein Platz im Stadthafen war schnell gefunden und beim Abendessen fanden wir uns in einem typischen Viertel mit hauptsächlich einheimischem Publikum wieder. Das Restaurant bot ausgezeichnete sardische Küche und der Preis für unsere Mahlzeit war sensationell niedrig.

 

Der erste Höhepunkt der Reise stand bereits am nächsten Tag bevor. Durch die Straße von Bonifacio steuerten wir die gleichnamige Stadt an der Südküste Korsikas an. Nach der Hälfte dieser durchaus mit Wind gesegneten Strecke sahen wir die Küste mit ihren Steilhängen. Hier kann die Windstärke gegenüber dem umgebenden Mittelmeer ein bis zwei Stufen mehr auf der Beaufortskala betragen. Wir fuhren mit zirka 20 bis 25 Knoten Wind unserem Ziel entgegen. Bald konnten wir auch die Umrisse dieser Stadt ausmachen, die sich majestätisch über den Steilküsten erhebt. Je näher wir der Ansiedlung kamen, umso mehr hatten wir den Eindruck, dass etliche Häuser bald in das Meer stürzen könnten.

 

Nachdem im Stadthafen sehr wenig Platz war, zogen wir es vor, in einer unweit davon liegenden kleinen Bucht festzumachen. Es war hier ohnehin wesentlich ruhiger und mit dem Dinghi konnte man den Hafen und die Stadt mühelos erreichen. Die oben am Felsen gebaute pittoreske Altstadt mit ihrer aus romanischer Zeit stammenden Kathedrale, den verwinkelten Straßen sowie den traumhaften Ausblicken ins Meer und in das Umland ist absolut eine Reise wert. Auch kulinarisch lässt sich hier die korsische Küste genießen. 

Für den nächsten Tag war ein Besuch in Korsikas Bergwelt, die durch einen fast über die ganze Insel angelegten Naturpark geschützt ist, angesagt. Die Route führte über L’Ospèdale über einen sehr schön gelegenen Stausee bei Agnarone hinauf in eine faszinierende Landschaft. Bald verließen wir unser gemietetes Auto, um durch die bewaldete und mit atemberaubend bizarrem Granitgestein gesäumte Gegend zu wandern. Schlusspunkt war ein Granitmassiv, von dem aus man über weite Teile der südlichen Insel blicken konnte. Dieser Landausflug brachte den Gedanken sehr nahe, einen weiteren Törn nach Korsika zu planen.

Zurück in Bonifacio nutzten wir den Abend, um nochmals der beeindruckenden Altstadt und den einladenden Restaurants einen Besuch abzustatten.

Am nächsten Morgen, als wir Korsika Richtung Sardiniens Westküste verließen, waren 25 Knoten Wind vorausgesagt. In der Wasserstraße zwischen beiden Inseln blies der Süd-West-Wind jedoch zeitweise bis zu 35 Knoten stark. Zusammen mit einer erheblichen Meeresströmung Richtung West-Ost wurde das Kreuzen am Wind sehr mühsam. Deshalb entschlossen wir uns, die wesentlich angenehmere Vorwindstellung zu nutzen und die Marina Massimo im Maddalena Archipel anzusteuern. Nach drei Abenden ohne externe Versorgung war ohnehin ein Besuch zur Aufnahme von Verpflegung, Strom und Wasser keine schlechte Alternative. Um 17 Uhr legten wir in diesem mit vielen Luxusbooten belegten Hafen mit unserer Oceanis 50 an.

 

Diese Marina liegt in einer sehr schönen, weitläufigen Bucht. Zu ihrer guten Infrastruktur trägt auch eine kleine Ferienhaus Anlage bei. Die Anlegegebühren und die Kosten für das ausgezeichnete Abendessen waren im Monat Juli jedoch nicht gerade billig.

Am nächsten Tag segelten wir zur Inselgruppe lles Lavezzi, einem absolut lohnenswerten Ziel im Südosten Korsikas. Wir ankerten in der traumhaft schönen Bucht Cala Lazerina auf der Ile de Cavallo. Sie war gesäumt von im Wasser liegenden Granitfelsen und kleineren nur aus Gestein bestehenden Inselchen. Deshalb legten wir auch eine Landleine, um in der Nacht nicht unliebsame Überraschungen zu erleben. Neben dem Baden und Schnorcheln im azurblauen, glasklaren Wasser stand auch eine kleine Wanderung durch die teilweise sehr bizarren und oft an Tiergestalten wie Bären, Greifvögel oder auch an versteinerte Riesen erinnernden Granitformationen am Törnplan. Unvergesslich bleibt uns auch die artenreiche Vegetation mit ihren duftenden Wildkräutern.

 

Auf diesem kleinen Eiland sind auch zwei Soldatenfriedhöfe und ein Denkmal für die Toten angelegt. Sie stammen von einem großen Schiffsunglück eines französischen Dreimasters. Aus Zeitgründen hatte man sich damals entschlossen, den Nachschub für den Krimkrieg im Jahre 1855 nicht über Sardiniens Südspitze, sondern über die kürzere Route durch die Straße von Bonifacio zu führen. Am 16. Februar zerschellte das mit über 700 Mann (darunter auch der Generalstab) besetzte Boot durch Sturm und starken Nebel an den Riffen der Lavezzi Inseln. Die Friedhöfe werden vom französischen Heer noch heute gepflegt. Es war dies das bislang größte Schiffsunglück der französischen Marine im Mittelmeer.

Am vorletzten Tag unseres Törns führte uns die Reise wieder hinein in das Maddalena Archipel zur Isola Budelli in eine Ankerbucht an der Nordseite der Insel. Bei der Erkundungstour am Nachmittag zu dem Restaurant in diesem Küstenabschnitt machten wir eine neue Erfahrung. Der Preis eines Abendessens wurde uns mit 600,00 Euro pro Person offeriert – ohne Getränke versteht sich. Mit diesen Aussichten verzichteten wir auf den Zusatzservice einer Boje und aßen in Nachbarschaft einiger Luxusyachten gemütlich vor Anker an Bord. Die Abendstimmung bei absolut ruhiger See und dem intensiven Lichtspiel von zartrosa über violett bis dunkelblau wäre uns in dem Speiselokal ohnehin entgangen.

 

Der letzte Tag, die Reise nach Olbia, verlief entlang der berühmten Costa Smeralda mit all ihren Luxusvillen und Traumyachten. Wir hätten gerne noch eine Urlaubswoche mehr zur Verfügung gehabt und Buchten wie Cala die Volpe oder Karim Aga Khans Gründung Porto Cervo angesteuert, gerne noch das eine oder andere Lokal aufgesucht und vor allem unseren ständigen Begleiter, das einmalige, aus Hartweizengrieß gemachte, sardische Fladenbrot „Pane carasau“ noch länger genossen. Dieser Tag stärkte in uns den Wunsch, die herrliche Küstenlandschaft wieder zu besuchen.

Die wunderbare Aussicht auf die Insel Tavolara war der letzte Eindruck, den wir von der Yacht aus vor Erreichung unseres Endziels genießen durften. Ein üppiges und doch sehr ausgelassenes Essen in der Marina Portiscio beendete nach der ebenso äußerst professionellen und reibungslosen Abnahme des Schiffes diesen faszinierenden Törn.

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