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„Der Sonne entgegen“ so möchte ich den Start unserer Reise benennen. Sehr zeitig in der Früh fahren wir los zum Flughafen – Richtung Osten, als gerade die Sonne aufgeht. Ein guter Beginn, denke ich und freue mich, noch etwas verschlafen, auf den bevorstehenden Segeltörn.
Am Flughafen treffen wir die Mitsegler und unseren Skipper Manuel. Insgesamt sind wir sechs Personen. Gemeinsam fliegen wir auf die Insel Kos, von wo aus wir zu unserem Törn starten werden. Alles klappt bestens und so landen wir gegen Mittag am Flughafen in Kos. Obwohl die Saison erst so richtig beginnt, ist hier Ende Mai schon ziemlich viel los. Der Chauffeur unseres Transfer Taxis wartet bereits am Flughafen auf uns, und so können wir die Anreise ohne weitere Wartezeiten fortsetzen. Bald darauf erreichen wir unser Ziel – die Marina von Kos.
Unser Segelkatamaran – eine Lagoon 380 – wartet schon auf uns und unser Skipper lädt uns ein, an Bord zu kommen. Obwohl nicht mehr die Jüngste ist unsere Yacht in einem Topzustand und sehr gepflegt. Wir fühlen uns sofort wohl an Bord. Drei von uns besorgen mit einem Mietauto noch rasch die notwendigen Einkäufe für die Bordküche. Bei ihrer Rückkehr verstauen wir alle unser Gepäck sowie die Lebensmittel und Getränke und sind bald darauf bereit zum Auslaufen. Da alle Mitglieder unserer Crew schon Segelerfahrung gesammelt haben, dauert die Einweisung durch den Skipper nicht lange. Und schon kann es losgehen. Wir verlassen die Marina Kos und steuern unser erstes Tagesziel an.
Mit Blick auf die türkische Küste segeln wir Richtung Norden und erreichen bald die kleine Insel Psérimos. Hier finden wir noch einen Platz an der kurzen Kaimauer und werfen das erste Mal unseren Anker. Wir sind angekommen! Der kleine Ort zeigt sich uns mit seiner ganz ursprünglichen griechischen Lebensart, und die wenigen Touristen an diesem Abend sind fast ausschließlich Segler. Im Lokal, das wir uns zum Abendessen ausgesucht haben, fühlen wir uns gleich wie „zu Hause“. Wir bestellen eine Mischung aus den verschiedenen Speisen, die uns der Wirt empfohlen hat und können so eine traditionelle und gute Küche genießen. Mit der Zeit füllt sich das Lokal und wir stellen zufrieden fest, dass es fast ausschließlich von Einheimischen besucht wird – immer ein gutes Zeichen.
Am nächsten Morgen nach einem ersten Frühstück an Bord beschließen wir noch die Angebote der Insel zu nutzen. Dazu gehört vor allem der wunderschöne Sandstrand, der zu dieser frühen Stunde und bei mäßigen Wassertemperaturen nur mich zum Baden bewegen kann. Ich genieße es und lasse die anderen einkaufen gehen. Da die Insel auch für ihre Schwammtaucher bekannt ist, ist es fast unmöglich ohne Schwamm wieder an Bord zu gehen.
Bei einem der Verkaufsstände erwerben wir dann noch Schnapsgläser, da diese an Bord für den sogenannten „Anlegeschluck“ fehlen. Dabei erfahren wir, dass die meisten der Einheimischen nur mehr im Sommer da sind, und die Einwohnerzahl der Insel außerhalb der Saison bis auf wenige Personen gesunken ist. Mittlerweile legt das Fährschiff an und bringt einige Bewohner zurück, die ihre Besorgungen wohl auf einer der größeren Inseln erledigt haben. Als wir kurz darauf ablegen, kommt schon das erste Ausflugsschiff, und damit ist es mit der Idylle der kleinen Insel vorbei.
Das Ziel am 2. Tag unseres Törns ist eine Bucht auf der Insel Kálymnos. Der Wind bläst zwar nur schwach, aber aus der richtigen Richtung und so setzen wir die Segel und lassen uns treiben. Bald nach Mittag erreichen wir schon unser Ziel. Zwei große Bojen Felder stehen zur Verfügung, und wir müssen überlegen, wo wir anlegen wollen, denn die entsprechende Taverna wartet dann am Abend auf uns. Wir entscheiden nach Gefühl, und werden später dafür auch belohnt.
Unsere „Köche“ an Bord, Harald und Sabine, legen nun das erste Mal so richtig los und zeigen uns, was man auch in einer kleinen Küche alles zaubern kann. Sie bereiten mit viel Liebe „Feta fourno“ für das Mittagessen zu. Und es schaut nicht nur gut aus, sondern es schmeckt auch fantastisch. Die Temperaturen sind übrigens äußerst angenehm und so genießen wir anschließend alle diesen geruhsamen Nachmittag an Bord.
Mit dem Dinghi fahren wir später zu dritt noch in eine kleine Badebucht mit Kiesstrand. Das Wasser ist kristallklar und lässt das Schwimmen und Schnorcheln zu einem wahren Genuss werden. Nach unserer Rückkehr heißt es, bereit machen zum Abendessen. Mit zwei Nasszellen mit Dusche und einer Außendusche sind wir zu sechst gut bedient. Daher dauert es nicht lange, und der Skipper kann uns mit dem Dinghi an Land bringen. Vom Lokal aus haben wir einen traumhaften Blick über die ganze Bucht (unser Katamaran mittendrin) und sind schon sehr gespannt auf die hier angebotenen Spezialitäten der griechischen Küche.
Für diesen Tag haben wir uns als Ziel die Insel Léros gesteckt, genauer gesagt den kleinen Fischerhafen Agia Marina. Auch heute bläst nur mäßiger Wind, und so fahren wir teilweise mit Motor und Segel. Wir chillen und genießen einfach das Leben. Es sind wenig andere Yachten unterwegs, und so ist es interessant sowie amüsant zu beobachten, wie andere Segler mit den Windverhältnissen zurechtkommen. Bei der Ankunft im Hafen wissen wir zuerst nicht so recht, wo wir anlegen können, bis uns ein ausfahrender Fischer einen Hinweis gibt. Beim seitlichen Anlegen an die Hafenmauer direkt vor einem größeren Fischerboot bekommen wir unerwartete Hilfe von bayrischen Kollegen, die in der gegenüberliegenden Bucht ankern und gerade dabei sind die Festung der Insel zu Fuß zu erobern. Wir laden sie zu einem Anlegeschluck ein, worauf sich ein unterhaltsames Gespräch unter Seglern entwickelt. Bald danach machen auch wir uns auf, um den malerischen Ort näher kennenzulernen und eine Taverna ausfindig zu machen.
Am nächsten Morgen werden wir Zeugen eines für Griechenland wahrscheinlich eher alltäglichen Ereignisses. Ein Boot der Grenzsicherung hat eine Gruppe von Flüchtlingen aufgegriffen und bringt sie nun an Land. Es handelt sich um vier junge Männer sowie Frauen und ein kleines Kind. Der Hafenbereich ist abgesperrt und alles läuft ganz ruhig ab. Nach einiger Zeit kommt ein Kleinbus und nimmt die Menschen mit. Die Situation macht uns betroffen und es wird uns ein wenig bewusst, wie herausfordernd die Lage für die Länder an der EU Außengrenze ist.
Wir nehmen Abschied von Léros und fahren ohne konkretes Tagesziel in Richtung der Insel Lipsí. Diesen 4. Tag wollen wir in verschieden Buchten verbringen und vor allem die landschaftlichen Reize der Dodekanes Inseln erkunden. Ein erster Höhepunkt ist eine kleine bizarre Insel, die durch ihre Felsformationen und ihr smaragdgrünes Wasser ein besonderes Erlebnis darstellt.
Mit richtig gutem Wind segeln wir weiter und legen uns am späten Nachmittag in eine versteckte Ankerbucht auf der Insel Lipsí. Um hier ruhig die Nacht verbringen zu können, besteht der Skipper auf einer Landleine, die er mit meiner Hilfe am Ufer anbringt. Schließlich werfen wir sogar noch einen zweiten Anker. Die starken Windböen, die immer wieder auftreten, sind nicht die einzigen Überraschungen, die wir in der kleinen Bucht erleben. Ein Mitglied unserer Crew verliert beim Fotografieren sein Handy. Obwohl es direkt neben der Yacht deutlich sichtbar am Meeresboden liegt, können wir es mit Schnorchel und anderen Hilfsmitteln nicht bergen. Es ist einfach zu tief an dieser Stelle.
Dafür gibt es an diesem Abend einen besonderen Leckerbissen unserer Bordköche: gebratene Fische, die sie frisch gefangen am frühen Morgen von den Fischern in Agia Marina erworben haben. Das ganze Ambiente und der Ausblick in der Bucht, in der wir ganz alleine liegen, lassen bald alle Sorgen vergessen. Und wir sind wieder einmal überzeugt „so schön kann nur ein Yacht-Urlaub sein.“
Für den heutigen Tag haben wir uns ein besonderes Ziel vorgenommen: die Insel Pátmos mit dem weltberühmten Johanneskloster aus dem 11. Jahrhundert. Vorher aber wollen wir noch in einer Badebucht vor Anker gehen. Als wir dort ankommen, sind wir überrascht von den Blautönen des Wassers und dem karibischen Flair der Bucht. Sie ist einfach traumhaft schön und das Schwimmen ein einzigartiges Vergnügen.
Nachdem unser Skipper meint, wir sollten nicht zu spät nach Pátmos aufbrechen, nehmen wir schweren Herzens Abschied von diesem idyllischen Platz und segeln Richtung Nord-Westen. Schon von weitem ist das Kloster und die Altstadt Chora am Berg oberhalb der Hafenstadt Skála gut zu erkennen. Da es noch früh am Nachmittag ist, bekommen wir leicht einen Platz an der Hafenmauer der Inselhauptstadt von Pátmos.
Vier von uns beschließen, den Klosterberg noch an diesem Tag zu besuchen, um einen ersten Eindruck von der fast 1000 Jahre alten Anlage zu bekommen. Wir wissen zwar, dass man das Kloster selbst nur am Vormittag besichtigen kann, aber die Altstadt und ihre engen Gassen sind sicher ohne die vielen Touristen am frühen Abend besonders reizvoll. Wir entscheiden uns für die Fahrt mit dem Taxi bergauf und stellen oben angekommen fest, dass dies eine gute Entscheidung war. Höhenmeter am Meer sollte man niemals unterschätzen!
Wir sind tatsächlich die einzigen Touristen. Nur ein Geschäft hat noch geöffnet und zieht uns mit seinen bunten Farben magisch an. Mit uns meine ich die beiden Frauen – die Männer gehen unterdessen weiter. Natürlich finden wir dort auch das entsprechende Souvenir!
Der Spaziergang durch die meist steilen, aber um diese Tageszeit schon schattigen und somit kühlen Gassen der Altstadt Chora rund um das Johanneskloster ist ein weiteres Highlight dieser Reise.
Den Abend lassen wir dann alle gemeinsam in einer typisch griechischen „Ouzeri“ ausklingen.
Dieser Tag beginnt für drei von uns sehr früh, da wir vereinbart haben, gleich bei Öffnung des Klosters am Berg zu sein. Dieses Mal nutzen wir die Mitfahrgelegenheit in einem vollbesetzen Schulbus, um an unser Ziel zu kommen. Der Blick hinunter ist an diesem Morgen atemberaubend und lässt uns demütig die Schönheit der Landschaft betrachten.
Wir sind mit bei den ersten Besuchern, die das Johanneskloster an diesem Morgen besichtigen. Es ist wirklich faszinierend, die vielen kulturell so wertvollen Schätze aus zehn Jahrhunderten bewundern zu können. Besonders beindruckt hat mich dabei der älteste Bauteil des Klosters mit seinem Innenhof und der kleinen Kirche, die geschmückt ist mit großen und kunstvollen Ikonen – bewegende Zeugnisse christlichen Glaubens über die Jahrhunderte hinweg.
Wir verlassen Pátmos gegen Mittag, um unser nächstes Ziel, eine Bucht auf der Insel Kálymnos am späten Nachmittag zu erreichen. Mit mäßig Wind segeln wir nun Richtung Süden, denn unser Törn neigt sich langsam dem Ende zu. Daran wollen wir aber nicht denken und sind schon gespannt, was uns als nächstes erwartet. Und wir werden nicht enttäuscht! Die Bucht, in der wir für die Nacht unseren Anker werfen, ist landschaftlich faszinierend. Hohe Felsen umgeben den kleinen Ort, der sich malerisch an die steil ansteigenden Wände schmiegt. Wir sind begeistert und genießen diese besondere Abendstimmung.
Zum Essen fahren wir noch einmal mit dem Dinghi an Land, und auch hier bestätigt sich, was wir an mehreren Plätzen unserer Reise erfahren durften: es gibt es noch – dieses ursprüngliche Griechenland weit weg vom Massentourismus! Natürlich erlebt man es nur abseits der Zentren und am schönsten wohl auf einer Segelyacht, die einem die Freiheit gibt, in Traumbuchten vor Ankern zu gehen.
Heute heißt es leider – Abschiednehmen von der faszinierenden Inselwelt der Dodekanes und Rückfahrt in die Marina von Kos. Niemand will so recht daran glauben, dass wir morgen früh die Yacht schon wieder verlassen müssen, und so ist die Stimmung ein wenig getrübt. Der Wind hingegen frischt auf, und so können wir richtig nach Herzenslust segeln…