Reisebericht Kroatien Juni/Juli 2020

ein Bericht von Manuel Göschl

 

Sehr vieles wird in den Medien derzeit über Urlaub im Ausland berichtet. Manche sprechen gar von „vermisster Moral“, wenn man das eigene Land verlässt, um den wohlverdienten Urlaub anzutreten. Vor allem oder gerade wegen der Krise der letzten Monate sei aus meiner Sicht jedem vergönnt, jene Urlaubsreise zu machen, von der man sich die beste Erholung verspricht.
Um gewisse Vorbehalte und vielleicht sogar Ängste zu nehmen, die derzeit durch manche Medien verstärkt werden, möchte ich von meinen Erfahrungen der ersten „Einsatz“-Wochen als Skipper von Segelyachten im Juni/Juli 2020 in Kroatien berichten:

Die Anreise nach Kroatien hat für mich persönlich immer etwas sehr Schönes. Die mittlerweile ausgezeichnet ausgebauten Autobahnen – auch durch Slowenien – garantieren schnelles Vorankommen. Und nachdem ich aus langjähriger Erfahrung weiß, dass eine Anreise am Samstag oft mit Staus verbunden ist, habe ich mich auch dieses Jahr bereits am Freitag vor dem Törnstart auf den Weg Richtung Süden gemacht. Die einzige Unbekannte dieses Mal waren die Grenzen, sowohl bei der Einreise nach Slowenien als auch bei der Einreise nach Kroatien. Ein schnelles Fazit beseitigt jedoch alle Unsicherheiten: Bei beiden Grenzübergängen erfolgte eine zügige Abwicklung der Kontrollen – es herrschte etwas Verkehrsaufkommen, jedoch weit unter dem Durchschnitt eines normalen Freitagnachmittags. Das im Voraus ausgefüllte Einreiseformular für Kroatien wurde nicht verlangt – wir raten aber weiterhin, die Einreise hiermit unbedingt anzumelden.

Am Freitagabend in Sibenik bot sich mir der vertraute Anblick: Viele Crews kamen von ihrer Törnwoche zurück in die Heimatmarina und genossen ihren letzten Abend. Ein Teil der Yachten war nicht belegt, aber das war ob der Buchungszahlen, die uns vorlagen, auch zu erwarten. Nichtsdestotrotz herrschte ausgelassene Urlaubsstimmung, die meisten feierten Abschied auf ihrer Yacht, einige auch im nahegelegenen Marina-Restaurant.

Am nächsten Tag stand der klassische Urlauberwechsel an. Crews aus Deutschland, Österreich, Tschechien, Ungarn, Polen und der Schweiz prägten das Geschehen. Aber auch hier bei weitem nicht das Aufkommen, welches man sonst in der letzten Juni Woche vor den Ferien gewohnt war. Es hat sich daher bereits angedeutet: Es wird eine entspannte Zeit auf See werden.

Auch meine erste Gäste-Crew der heurigen Sommersaison hat sich am späten Samstagnachmittag eingefunden und berichtete von einer unkomplizierten Anreise inklusive Grenzen – normales Verkehrsaufkommen. Nach dem Einkauf im gut besuchten, aber nicht überlaufenen Supermarkt starteten wir unseren Törn. Zu meiner Überraschung war die erste Bucht, die wir anliefen gut besucht. Wir konnten dennoch ganz gemütlich ankern und den ersten Abend an Bord – vorab mit einem Sprung ins Meer – bei einer köstlichen Mahlzeit ausklingen lassen.

Am nächsten Tag waren wir bereits Richtung Kornaten unterwegs und entschieden uns, eine Konoba auf der Insel Pasman aufzusuchen. In der Regel muss man rechtzeitig reservieren, um überhaupt eine Chance auf einen Platz zu haben. Doch dieses Jahr ist vieles angenehm anders. Das Service-Personal war relaxt und freute sich auf eine weitere Tischreservierung. Am Abend war die Auslastung in der Konoba gut, jedoch durch die große Freiluftfläche im Schatten der Bäume konnte man genügend Abstand zu den anderen Tischen gewährleisten. Einzig ungewohnt für einen österreichischen Gast zu dieser Zeit – das Servicepersonal ohne Mund-Nasen-Schutz. Diese Pflicht wurde übrigens mit 13. Juli 2020 in Kroatien wieder eingeführt.

Die nächsten Tage verliefen ähnlich. Bojenfelder waren niemals zur Gänze belegt. Sogar um 18 Uhr fand man noch gemütlich einen Platz in beliebten Buchten und konnte daher sehr entspannt und sorglos den gesamten Tag auf See genießen. Man möchte fast sagen: „Ein Segelsommer wie damals“ – und da meine ich die Sommer meiner Jugend in den frühen 2000er Jahren, als Kroatien als Urlaubsland noch nicht so beliebt und das Yachting noch viel weniger bekannt war. Damals konnte man sich durch die Adria bewegen, mit der Gewissheit auch am späten Abend noch einen Platz in einer gemütlichen Bucht oder einem Hafen zu ergattern, ohne langfristige Planungen treffen zu müssen.

Ja, und so kann man sich derzeit die kroatische Adria auch vorstellen. Für den August wird zwar noch mit etwas Aufschwung gerechnet, aber nicht in dem Ausmaß, dass man diese sehr angenehme Vorgangsweise ändern müsste.

Als professioneller Skipper und Reisebegleiter ist man natürlich auch immer bereit, sogenannte Geheim-Tipps abseits der Touristenpfade zu geben, die dann aber oft in der normalen Hochsaison ebenfalls gut besucht sind. Dieses Mal erlebten wir in der Ortschaft Sali auf Dugi Otok etwas Besonderes: Im ausgesuchten Lokal waren wir die einzigen Gäste – nur wir sechs an einem Tisch. So konnten wir unser Abendessen in aller Ruhe genießen. Anfänglich musste ich sogar das Personal wachrütteln und meine Crew ankündigen. Wie von einer Tarantel gestochen, hüpfte der Grillmeister des Lokals auf und heizte seinen Holzkohlengrill extra für uns ein. Die Kellnerin besorgte aufgrund unserer Bestellung noch frische Zutaten vom Nachbarn. Dass man so etwas nochmal erleben darf mitten im Sommer in Kroatien, ist schon sensationell. Auch meine Gäste waren verblüfft von dieser Szenerie. Das Essen war übrigens ausgezeichnet und der etwas weitere Weg zur Konoba hat sich für alle in jeder Hinsicht gelohnt.

Die weiteren Tage an Bord waren für meine Gäste ähnlich entspannt und erholsam. Meer, Sonne, Wind und Wärme trugen ganz wesentlich zur Erholung bei. Es war sozusagen auch ein Urlaub vom Corona-Stress, von den oft täglich sehr negativen Nachrichten, Entwicklungen, Enthüllungen und den damit verbundenen Verunsicherungen.

In Kroatien, speziell in Dalmatien geht man mit dem Corona-Virus, wie mit vielen Dingen des Lebens etwas anders, großteils gelassener um. Zugegeben teilweise auch zu gelassen, obwohl man gerade in den letzten Tagen beobachten kann, dass man gezielt seitens der Behörden die Maßnahmen weiter verbessert. Ein Kroate sagte zu mir: „Österreich ist gut mit dem Virus umgegangen, wir lernen von euch, es braucht alles nur ein bisschen länger“. Und das ist genau das, was wir, so denke ich, an Kroatien auch so lieben. Es ist dieselbe Kultur, es sind dieselben Werte und Ansichten – nur etwas südländischer und in einem anderen Tempo. Und das sollten wir auch speziell in Zeiten wie diesen anerkennen und unser beliebtes Reiseziel entsprechend unterstützen.

Die kroatische Gastfreundschaft ist der Krise nicht zum Opfer gefallen, im Gegenteil sie ist sehr lebendig. Und viele Kroaten sind sehr froh, dass Gäste aus Österreich, Deutschland und den übrigen EU/Schengen-Ländern trotz der unsicheren Zeiten kommen und halten dies keineswegs für selbstverständlich. Diese Anerkennung zu spüren und den Dank zu erfahren, dass man trotz der aktuellen Situation zu ihnen hält, macht mich froh und stolz, dort tätig sein zu dürfen.

Die Rückreise Mitte Juli nach meinen ersten Segelwochen war ebenso problemlos wie die Anreise. Klarerweise mit dem üblichen Verkehrsaufkommen verbunden, aber die Grenzen waren wohlgemerkt keine größere Hürde als sonst. Die mir entgegenkommende Reisewelle Richtung Süden entsprach dem Ferienbeginn in vielen Ländern, hielt sich aber auch im Rahmen.

 

Ende dieser Woche mache ich mich wieder auf den Weg Richtung Kroatien und betreue als Skipper weitere Gäste aus Österreich, die kurz entschlossen im Juni gebucht haben. Ich freue mich, wie bei jedem Törn, auf diese Aufgabe und bin überzeugt, dass es eine wunderbare Möglichkeit ist – besonders in Zeiten wie diesen – seine Urlaubszeit auf einer Yacht am Meer zu verbringen, um abseits vom Massentourismus im familiären oder freundschaftlichen Umfeld sowohl Freude und Spaß als auch Entspannung und Erholung zu finden.

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